„Das habe ich als UFO-Jäger der US-Regierung gelernt“

Vor Kurzem erschien auf Scientific American ein Kommentar des ehemaligen Direktors des US-UAP-Büros AARO, Dr. Sean Kirkpatrick, der im Dezember vergangenen Jahres von seinem Posten zurückgetreten war. Dazu gab es auch unterschiedliche Gerüchte, warum dies so sei, was er aber auch selber aufgeklärt hat. Im besagten aktuellen Kommentar erläutert er, was er aus seiner Zeit bei der AARO gelernt hat, was wir hier zusammenfassen und auszugsweise zitieren.

Gleich zu Beginn seines Kommentars zitiert er die berühmte Maxime von Carl Sagan, dass „außergewöhnliche Behauptungen außergewöhnliche Beweise erfordern“, die zwar nicht immer unumstritten ist, häufig aber auch falsch interpretiert wird und womit sich u.a. Marcello Truzzi und David Deming (Truzzi 1978, Deming 2016) klärenderweise befasst haben. Kirkpatrick empfiehlt diese Maxime auch für politische Entscheidungsträger, da „in der heutigen Welt der Fehlinformationen, der verschwörungsgesteuerten Entscheidungsfindung und der von Sensationslust dominierten Regierungsführung (…) unsere Fähigkeit zu rationalem, evidenzbasiertem kritischem Denken (erodiert), was sich nachteilig auf unsere Fähigkeit auswirkt, mit immer komplexeren Herausforderungen effektiv umzugehen“. Damit trifft er schon mal den Nerv der Zeit.

Diese Erosion habe er als Direktor der AARO während seiner Arbeit hautnah erlebt, was mit einer der Gründe war, von seinem Amt letztendlich zurückzutreten. Er beklagt dazu, dass sein „mühsam zusammengestelltes Team aus hochtalentierten und motivierten Mitarbeitern“, das mit einer rationalen, systematischen und wissenschaftlich fundierten Strategie an das Thema herangehen wollte, von sensationellen und unbelegten Behauptungen überlagert wurden, die widersprüchliche Beweise ignorierten, aber Aufmerksamkeit aus Politik und Öffentlichkeit auf sich zogen und die öffentliche Darstellung dominierten:

Das Ergebnis dieses Wirbelsturms aus Lügengeschichten, Erfindungen und Nacherzählungen aus zweiter oder dritter Hand war ein Hype in den sozialen Medien und ein erheblicher Zeit- und Energieaufwand für die Untersuchung dieser sogenannten Behauptungen - als ob wir nichts Besseres zu tun hätten. 

Er fasst dann die bekannten Verschwörungserzählungen über bis zu 12 angeblich abgestürzter und geborgener UFOs zusammen, die u.a. seitens privater Subunternehmen des Verteidigungsministeriums analysiert und nachgebaut werden sollten, für das es jedoch keine stichhaltigen Beweis gibt. Er stellt dazu fest, dass "der Glaube an eine Behauptung (leider) direkt proportional zu der Menge (ist), in der sie verbreitet wird, und zu der Anzahl der Wiederholungen, nicht aber zu den tatsächlichen Fakten".

Während eigener Untersuchungen dieser Geschichte habe die AARO zwar einiges entdeckt, aber nichts davon hat mit Außerirdische zu tun. So gibt es keine Aufzeichnungen darüber und niemand hatte Kenntnis davon, was unvorstellbar, angesichts des Ausmaßes einer solchen Verschwörung wäre. Ferner sei das eine schon sehr lange schwelende Geschichte, die auf das frühere AAWSAP/AATIP-Programm zurück geht, unter dem Einfluss einer kleinen Gruppe rund um den Geschäftsmann und langjährigen Ufologen Robert Bigelow, der das Unternehmen Bigelow Aerospace gründete. Diese Gruppe versuchte im Anschluss, ein spezielles Programm einzurichten, was aufgrund der Schlussfolgerung des Pentagons, dass „nicht nur kein derartiges Material [aus angeblichen UFO-Abstürzen] existierte, sondern auch Steuergelder in unangemessener Weise für paranormale Forschung auf der Skinwalker Ranch in Utah ausgegeben wurden“, was in öffentlich zugänglichen Dokumenten nachgelesen werden kann, abgelehnt wurde.

Es sei gerade diese besagte, eher kleine Gruppe, die sich seit Jahrzehnten kennt und dieses Narrativ seitdem verbreitet und auch an diversen Studien zu Randgebieten beteiligt war und woraus einige auch für Bigelow arbeiteten.

Kirkpatrick erwähnt dann den an AARO erteilten Auftrag zur Untersuchung und Bewertung sowohl von zeitgenössischen, als auch historischen Berichten. Zu letzterem wurde noch unter seiner Leitung ein Bericht fertiggestellt, der derzeit zur Freigabe und Veröffentlichung vorbereitet wird. Der Bericht zeigt auf dass viele der kursierenden Behauptungen zwar auf existierende, legitime Programme und Forschungen zurückgehen, die aber nichts mit außerirdischen Themen oder Technologien zu tun haben, sondern es sich um falsche Darstellung handelt, die auf nicht belegten Überzeugungen beruhen:

In vielerlei Hinsicht ist die Geschichte ein Lehrbuchbeispiel für eine zirkuläre Berichterstattung, bei der jede Person das weitergibt, was sie gehört hat, aber die Informationen letztlich oft auf dieselbe kleine Gruppe von Personen zurückgehen.

Kirkpatrick hebt die Wichtigkeit des Auftrags an die AARO hervor, unidentifizierte Phänomene gerade in der Nähe von sensiblen, nationalen Sicherheitsbereichen aufzuklären, was ernsthafte Anstrengungen erfordert. Er kritisiert dazu die moderne Medienwelt, die Geschichten schneller in Umlauf bringt, als sie durch solide Forschung bestätigt werden können. Noch besorgniserregender findet er die Bereitschaft mancher, auf der Grundlage solcher Geschichten Urteile zu fällen und Maßnahmen zu ergreifen, ohne Beweise gesehen oder gefordert zu haben. Das ist angesichts außergewöhnlicher Behauptungen umso problematischer. Er kritisiert, dass es Mitglieder des Kongresses vorziehen, sich in der Presse über Außerirdische zu äußern, anstatt sich erst mal auf der Grundlage von Beweisen zu informieren und fordert dazu ein kritisches Denken ein. Deutlich kritisiert er die in Erscheinung getretenen „Whistleblower“:

Zum Zeitpunkt meines Abschieds hatte sich keiner, ich wiederhole, keiner der verschwörungsorientierten "Whistleblower", die in der Öffentlichkeit stehen, dazu entschlossen, zu AARO zu kommen, um ihre "Beweise" und Erklärungen zu Protokoll zu geben, trotz zahlreicher Einladungen. Jeder, der in der Öffentlichkeit lieber Sensationslust zeigt, als seine Beweise der einzigen Organisation vorzulegen, die gesetzlich verankert ist und über alle rechtlichen Verfahren und Sicherheitsvorkehrungen verfügt, um sie, ihre Privatsphäre und die Informationen zu schützen und die Ergebnisse zu untersuchen und zu melden, ist verdächtig.

Abschließend betont Kirkpatrick, dass die AARO unter Nutzung von Wissenschaft und Technologie die faszinierenden Geheimnisse mit größtmöglicher Transparenz lüften will und dass man sich bemüht, zusammen mit Behörden, der Wissenschaft, der akademischen Gemeinschaft und bald auch mit der Öffentlichkeit, harte und messbare Daten zu erheben, „in diesem bisher an Augenzeugen reichen, aber datenarmen Bereich“:

Das AARO-Team wird sich auf jeden Fall dorthin begeben, wohin die Daten es führen, und es wird sich nicht von Versuchen beeinflussen lassen, seine Ergebnisse anders zu gestalten. Die Wissenschaft darf nicht auf der Strecke bleiben, wenn es darum geht, eine große Verschwörung aufzudecken. Carl Sagan hätte nichts anderes erwartet, und das amerikanische Volk sollte das auch nicht.

Kirkpatricks Kommentar spiegelt das wieder, was auch in der kritischen UFO-Forschung seit Jahren geäußert wurde, insbesondere hinsichtlich des Einfluss des, man muss es so nennen, Klüngels an UFO-Gläubigen, die seit Jahrzehnten ihre Sicht der Dinge massiv promoten und auch nicht davor zurückschrecken, gutgläubige Personen aus den eigenen Reihen für ihre Zwecke zu benutzen und vorzuschicken, wie bspw. den „Whistleblower“ David Grusch. Auch zeigt der Kommentar Kirkpatricks Frustration über die Auswirkungen des durch jene Personen ausgelösten, zweifelhaften Medienrummels.

Spannend wird der angekündigte Bericht zu den historischen Vorfällen sein, der vermutlich von den UFO-Gläubigen auch wieder bemängelt wird, da er deren Sicht der Dinge offenbar nicht bestätigt. 

Zwei Dinge fallen uns dazu auf: Zum Einen, dass die bisherigen Erkenntnisse zum UFO-Thema, sowohl aus dem UAP-Büro AARO, als auch dem NASA UAP-Studienteam, sich zunehmend dem nähern, was die private, kritische UFO-Forschung dazu bereits erhoben und festgestellt hat. Zum Zweiten, dass dieselben Personen, die anfangs die Einrichtung der AARO, ebenso wie des NASA-Teams, lautstark beklatscht und begrüßt haben, nunmehr beides kritisieren, da sie nicht deren Erwartungen an sensationellen Enthüllungen zu Aliens bestätigen, sondern das Ganze eher zurückhaltend beurteilen oder genau das Gegenteil feststellen. Was in der Folge natürlich mit einer angeblichen Vertuschung seitens der UFO-Enthusiasten begründet wird.

Wir hoffen, dass die AARO weiter ihren Weg in diesem Sinne geht und sich nicht von den UFO-Promotern beeinflussen lässt.

 

Quellen und Verweise aus dem SCI AM-Artikel:
Scientific American: "Here’s What I Learned as the U.S. Government’s UFO Hunter"
Scientific American: "Scientists try to get serious about studying ufos good luck with that"
Scientific American: "How wealthy ufo fans helped fuel fringe belief"
New York Post: "‘Crazy’ UFO-believing Pentagon bosses missed spy craft for years"
Scientific American: "Bad Data, Not Aliens, May Be behind UFO Surge, NASA Team Says"

Eigene Verweise:
ufoinfo.de: "Sind Aliens real?" "Das ist eine tolle Frage."
Truzzi, Marcello (1978). On the Extraordinary: an Attempt at Clarification. Zetetic Scholar, 1(1). S. 11-19.
Daming, David (2016). Do Extraordinary Claims Require Extraordinary Evidence? Philosophia, 44, S. 1319 – 1331, DOI 10.1007/s11406-016-9779-7

 

 

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